Montag, 9. November 2015

Was will ich werden? Berufliche Orientierung für minderjährige Flüchtlinge


Frankfurt – (grü) Jean (alle Namen geändert) kommt aus Guinea in Westafrika. Durch die Ebola Katastrophe hat er einen Großteil seiner Familie verloren. Die Hoffnung auf ein besseres Leben brachte ihn nach Deutschland. Seit einigen Monaten hat er eine neue Bleibe im Kolpinghaus in Frankfurt, eine Ersteinrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, gefunden. Die Klein – Auheimer Kolpingsfamilie, als Teil des katholischen Sozialverbandes, zeigt hier Engagement für die Belange der Schwächsten und hat gemeinsam mit dem Jugendberufshilfeträger Gesellschaft für Jugendbeschäftigung (gjb) einen Parcour entwickelt, der jungen Flüchtlingen eine erste berufliche Orientierung anbieten will. Sieben Stationen präsentieren die ehrenamtlichen Helfer um Stefan Imgram. Jede Station steht für ein Berufsfeld oder ganz spezifische Fertigkeiten. Räumliches Denken fordert die Station, an der Würfel aus einer Schablone geschnitten und zusammengeklebt werden. Kreativität ist bei der Gestaltung einer Kerze verlangt, handwerkliches Geschick beim Biegen von Draht nach einem vorgegebenen Modell oder der Installation einer Elektroverbindung, feinmotorische Koordination wird beim Knopf annähen gefordert. Eine Aufgabe, die alle teilnehmenden Jungs, mit Bravour lösen. „Wir haben das auch schon zu Hause in Afghanistan gemacht“, erklärt Raschid  stellvertretend für die Gruppe. Gab es ein Loch in der Jacke zu flicken oder eben einen Knopf anzunähen, dann hat uns die Mutter das Nähzeug gegeben mit der Aufforderung unsere Sachen zu reparieren. Auch das Waschen der Kleidung gehörte dazu.“ Alle Aufgaben können ohne große Deutschkenntnisse bewältigt werden. „Das war uns wichtig“, sagt Anita Lemaile, Projektleiterin der gjb, denn viele der Flüchtlinge sind erst seit kurzer Zeit in Deutschland. Und auch für die pädagogische Leiterin der Einrichtung ist der Berufeparcour ein wichtiger und dringend notwendiger Baustein. „Es geht vor allem darum, den jungen Menschen ein Angebot zu machen, mit dem sie ihrem Leben eine Richtung geben können. Während wir, die wir in Deutschland aufgewachsen sind, sehr viel länger Zeit hatten, um festzustellen welche Fähigkeiten in uns schlummern, müssen die jungen Flüchtlinge nun in kürzester Zeit herausfinden was sie wollen und was sie können“. Eine Sichtweise die auch Kemal  aus Gambia teilt.  „Wir kennen das alles ja nicht“, sagt er. Sein Berufswunsch: Ingenieur oder Arzt. „Mitunter sind die selbst gesteckten Ziele sehr hoch, sagt Lemaile. Ob diese erreichbar sind, gilt es in weiteren Schritten herauszufinden“. Dass die Motivation der Teilnehmer hoch ist, kann auch die Kolpingsfamilie bestätigen. Diese sind nicht nur vom großen Interesse der Jugendlichen begeistert, sondern auch von der großen Höflichkeit und Freundlichkeit mit der sie den Betreuern begegneten. „Damit haben sie unsere Herzen geöffnet“, sagt Stefan Imgram. Den Parcour bietet die Kolpingsfamilie auch für Hanauer Institutionen an. Interessenten und Organisationen können sich hier an die Pfarrgemeinde St. Peter und Paul in Klein – Auheim wenden.

 

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