Hanau. Die Wände im Ausstellungssaal des Museums für Vor-
und Frühgeschichte im Steinheimer Schloß sind bespannt mit einem Bauzaundekor.
Auch die Hinweistafeln „Betreten der Baustelle verboten! Eltern haften für ihre
Kinder“ fehlen nicht. Dazwischen eingedruckte Fotografien von Archäologen, die
vorsichtig an verschiedenen Baustellen in der Stadt Hanau mit feinstem Werkzeug
knöcherne oder steinerne Zeugen der Hanauer Vergangenheit freilegen, Ansichten
historisch bedeutsamer Funde, mittelalterliches Straßenpflaster, Grundmauern
der Altstadtbastion. Insgesamt fünf Baustellen sind es, die im Rahmen der
Sonderausstellung „Schätze hinterm Bauzaun“ seit Sonntag im Steinheimer Museum
präsentiert werden und quasi stellvertretend für die mehr als 30 Fundstellen
stehen, die sich in den letzten zehn Jahren im Hanauer Stadtgebiet ergeben
haben.
Bis zum 12. Mai des kommenden Jahres dauert der Einblick in die Arbeit
der Spurensuche in Hanau, der mit einem umfangreichen Begleit- und
Führungsprogramm ergänzt wird, wie die Leiterin des Steinheimer Museums für
Vor- und Frühgeschichte und bei der Unteren Denkmalschutzbehörde für
Bodendenkmalpflege zuständige Sabine Hengster am Sonntag bei der
Ausstellungseröffnung betonte.
Ungewohnt schon alleine die Präsentation der Objekte. Sie
werden nicht schön in Vitrinen ausgestellt, sondern stecken in den grauen
Plastikkisten, in denen die Funde narmalerweise auch in den Archiven
untergebracht sind. Durch den Deckel aus Plexiglas ist der Blick in die Kisten
möglich. Und dort findet sich gleich am Eingang zur Aussstellung ein
Frauenschädel mit Knochenresten. Ausgegraben beim Bau für neue Wohnhäuser im
Jahr 2001 in der Nordstraße. Insgesamt 42 Skelette wurden damals gefunden.
Allesamt innerhalb der Hanauer Mauern während der Belagerung Hanaus zwischen
1635 und 1642 bestattet. Dass besagte Dame Verletzungen am Arm hatte, zur
täglichen Arbeit deshalb auch die Zähne nutzte, das ist durch die
Untersuchungen nach den Funden herausgekommen. Auch, dass in Hanau während der
Belagerung Mangelerscheinungen bei den eingeschlossenen Bürgern die Regel
waren. Puzzelsteinchen, die die Rekonstruktion der längst vergangenen Zeit
Stück für Stück zulassen. Besonders wichtig für die vorgeschichtliche Zeit, in
der es noch keine schriftlichen Überlieferungen gab, wie Hanaus
Oberbürgermeister Claus Kaminsky am Sonntag bei der Ausstellungseröffnung
betonte. Auch wenn Funde unter begonnenen Baustellen Probleme mit sich
brächten. „Da bist Du nicht per se fröhlich,“ so Kaminsky in Erinnerung an die
Retsse der Befestigungsmauern, die beim Bau des neuen Klinikgebäudes am
Stadtkrankenhaus gefunden worden waren und den ohnehin aus dem Zeitplan
geratenen Baufortschritt noch verzögert hatten. Dennoch lohne es sich, Geduld
aufzubringen. „Denn es wäre ein Frevel, wenn wir nicht die Zeit aufbrächten,
dies alles für die Nachwelt zu erhalten.“
Die „Nachwelt,“ sie kann teilhaben an Funden aus der Louise
Schroder Straße, wo Nachweise praktizierten Volksglaubens zutage kamen.
Exponate aus Grabungen im Lamboy und in Mittelbuchen werfen Spotlichter auf die
Siedlungsgeschichte in der Region, und die Entdeckungen am Freiheitsplatz sind
ebenfalls Teil der Ausstellung. „Es ist und es bleibt spannend auf dem
Freiheisplatz,“ so Sabine Hengster, die dort noch mit einigen weiteren
Überraschungen bei den archäologischen Untersuchungen rechnet. In einer
digitalen Diashow sind die biseherigen Funde im Rahmen der Ausstellung
eindrucksvoll ins Bild gesetzt worden.
Das Steinheimer Museum für Vor- und Frühgeschichte im Schloß
ist donnerstags bis sonntags von zehn bis zwölf Uhr und von 14 bis 17 Uhr
geöffnet.
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