Sein eingehendes Aktenstudium auch in Zusammenhang mit dem jüngst erschienen Buch Kassings „Nucleus“ lässt den Autor und Journalisten zu dem Schluss kommen, dass die längst geschlossenen Ermittlungsakten noch einmal geöffnet werden müssten. „Kann man einen Fall wie den des Herrn Holtz so aktenmäßig beerdigen,“ fragt Kassing in einem Schreiben an die Hanauer Staatsanwaltschaft, die er im Dezember zur erneuten Überprüfung des Sachverhaltes auffordert.
Denn obwohl Holtze eines unnatürlichen Todes gestorben sei,
habe es vermutlich nie ein Topdesermittlungeverfahren samt Obduktion gegeben.
Dies gehe aus den Akten des Bundestagsuntersuchungsausschusses, die Kassing
vorliegen, hervor. Widersprüchliche Aussagen begegneten Kassing bei seinen
Recherchen auch zur Todesursache des Atommanagers in seiner Zelle. Während in
der Todesmeldung an das Hessische Justizministerium vermerkt sei, Holtze habe
sich „am linken Arm die Arterie aufgeschnitten und war völlig ausgeblutet,“
habe der damalige leitende Oberstaatsanwalt Hanaus zwei Monate später vor dem
Bundestagsuntersuchungsausschuß berichtet, dass der Häftling sich „sehr
fachmännisch die Pulsadern an beiden Armen aufgeschnitten“ habe. Kassings
Recherchen im Wiesbadener Hauptstaatsarchiv ließen den Selbtsmord Holtzes
wieder in ganz anderem Licht erscheinen. Mitarbeiter des Archives haben Kassing
gegenüber verlauten lassen, dass Holtze sich an der Heizung seiner Zelle
erhängt habe. „Die Mitarbeiter gaben mir ihre Version schriftlich,“ sagt
Kassing dazu gegenüber der Hanauer Staatsanwaltschaft.
Die Akte über das Todesermittlungesverfahren, die genau
Auskunft darüber geben könnte, wie der Atommanager ums Leben gekommen ist,
bleibt verschwunden. „Im Hanauer Archiv
ist das Todesermittlungsverfahren von Holtze bis heute nicht aufzufinden,“
kritisiert Kassing in seinem Brief an die Hanauer Staatsanwaltschft. Auch in
den Akten des Bundestags-Untersuchungsausschusses nicht. Denn von dort seien
die Akten 1990 an das Hessische Justizministerium weitergeleitet worden. Aber
auch dort, wundert sich Kassing, konnten die gewünschten Akten nicht gefunden
werden.
Kein Fall für den Generalbundesanwalt, musste sich Kassing
bei seiner Intervention dort sagen lassen, und kein Fall für das
Bundesjustizministerium, das er ebenfalls einschalten wollte. Nur über
politischen Druck könne der Fall wohl wieder aufgerollt werden, habe Kassing
von dort erfahren. Politischen und öffentlichen Druck, den der Journalist und
Autor mit seinen neuerlichen Vorstößen bei der Hanauer Staatsanwaltschaft und
bei der Oberstaatsanwaltschaft Frankfurt jetzt aufbauen möchte. Die Hanauer
Staatsanwaltschaft hat mittlerweile eine Prüfung von Kassings Angaben
eingeleitet.
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