Hanau (dk). Halstuch und weiße Tasche mit Aufdruck sind das
Erkennungszeichen der „Stadtteilmütter,“ die im Rahmen eines Modellprojektes
von Stadt und Land seit 2011 Ansprechpartner und Anlaufstelle bei wichtigen
Alltagsfragen für die Mitbürger im Stadtteil Lamboy sind. Von August 2011 bis
Dezember 2012 haben über 220 Familien dieses Angebot in Anspruch genommen, sagt
Heike Lebzien, Koordinatorin und Begleiterin des Projekts beim Hanauer Verein
„Sprungbrett.“ Tendenz steigend.
Denn im Stadtteil hat man längst registriert,
dass Gülay Badem, Febbronia Vitale, Sevim Soydas, Sevim Yavuz und Ayse Eroglu
sich Zeit für Gespräche nehmen. Um Problembereiche zu erkennen und zu
verstehen, und dann an die für das jeweilige Anliegen richtige Stelle im Netzwerk
der Hanauer Hilfsangebote weiterzuleiten.
Denn „wir beraten nicht, wir vermitteln nur weiter,“ sagt
Febbronia Vitale. In einer halbjährigen Ausbildungsphase zu Beginn des
Stadtteilmütterprojektes galt es für die damals elf Frauen verschiedener Nationalität
denn auch zunächst einmal, die vielen Hilfs-,
Beratungs-, Bildungs- oder Kulturangebote selbst
kennenzulernen. „Dabei haben wir selbst sehr viel gelernt,“ erinnert sich Gülay
Badem. In den Stadtteil Lamboy hinein wirkten die „Stadtteilmütter“ zunächst
mit Informationsständen bei allen möglichen Festen und Veranstaltungen. In
Schulen und Kitas machten sie auf ihre Gesprächsangebote aufmerksam, und der
Erfolg blieb nicht aus. Auch wenn der Anfang nicht unbedingt immer leicht
gewesen ist. Das Misstrauen, etwas aufgeschwatzt zu bekommen, ist den
„Stadtteilmüttern“ am Anfang schon ab und an begegnet. Doch das war einmal.
Mittlerweile ist klar, dass die ehrenamtlich tätigen Frauen mit viel
Einfühlungsvermögen wertvolle Tipps geben können. Oder gar ein wenig Sicherheit
geben, wenn sie einen Klienten beim Ämtergang begleiten. Denn auch das gehört
zum Selbstverständnis der „Stadtteilmütter.“ Ein wenig Anschieben, Hilfe zur
Selbsthilfe leisten, die Orientierung für Ungeübte erleichtern. Dass die
„Stadtteilmütter“ der Schweigepflicht unterliegen, fördert das
Vertrauensverhltnis zusätzlich. In erster Linie resultiert das natürlich
daraus, dass die Frauen im Lamboy leben, dazugehören, nicht Vertreterinnen von
Institutionen sind, sondern eher Nachbarinnen, denen gegenüber man sich öffnen
kann. Und den „Stadtteilmüttern“ sind die meisten Sorgen, die an sie
herangetragen werden, nicht fremd. Sie gehören irgendwie auch zur jeweils
eigenen Biografie, auch wenn alle fünf „Stadtteilmütter“ heute hervorragendes
Deutsch sprechen und sich bestens in Stadtteil und Stadt auskennen. Und so
wissen die „Stadtteilmütter,“ wo sie hinvermitteln müssen wenn es um die Frage
von Freizeitaktivitäten für Kinder und Jugendliche geht, sie können
weiterhelfen, wenn Nachhilfe angesagt ist, oder sie unterstützen beim Lichten
des Ämterdschungels. Erleichtert den Frauen ihre Muttersprache oftmals die
Verständigung, so mussten sie im vergangenen Jahr verstärkt deutsch-deutsche
Kommunikation nutzen. Nicht nur beim Übersetzen von Amtsdeutsch in verstädnliches
Deutsch. Denn die Zahl der Ratsuchenden aus Osteuropa hat stark zugenommen und
verlangt nach der gemeinsamen Kommunikationsebene in Deutsch.
Einmal pro Woche trifft sich die fast familiäre und
freundschaftlich verbundene Runde in den Räumen von „Sprungbrett“ in der
Richard-Küch-Straße 4, um sich mit Heike Lebzien und Meryem Tasan
auszutauschen. Immer wieder kommen bei diesen Treffen auch neue Anrgeungen auf
den Tisch, mit denen die Angebote im Stadtteil besser auf die Bedürfnisse der
Familien angepasst werden können. In den Räumen des Vereins können auch die
gewünschten Gespräche stattfinden. Zu erreichen sind die „Stadtteilmütter“ über
die eigene Handynummer 01602176918 montags bis freitags von 8.30 Uhr bis 17
Uhr.
Ende 2013 läuft die Finanzierung des Modellprojektes aus. Ob
und wie es dann weitergeht, ist nicht klar. Weitermachen möchten die
„Stadtteilmütter“ aber auf jeden Fall, nachdem sie sich in ihrem Lebensumfeld
Vertrauen und Achtung erarbeitet haben und zu recht auch stolz sind auf ihre Arbeit,
die bereits vielen Familien im Lamboy das Leben erleichtert hat und sie etwas
mehr hier hat ankommen lassen.
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